Journalist Bali: In Den Kommenden Tagen Wird in Kobane Ein Strategischer Wandel Stattfinden

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Der Journalist Mustafa Bali hat in einem Interview gegenüber dem Analysten der Kurdischen Frage, Mutlu Civiroglu, die aktuelle Lage in Kobane beurteilt.

Bali sagte im Interview, dass die Operationen der Volksverteidigungseinheiten (YPG) und der Peshmerga-Einheiten gegen den IS in Kobane weitergehen und betonte, dass in den nächsten Tagen Kobane einen strategischen Wandel durchleben wird. Im Folgenden folgt eine freie Übersetzung des Interviews:

Ist es richtig, dass seit der Ankunft der Peshmerga  sich einiges in Kobane geändert hat? Es wurde berichtet, dass einige Dörfer befreit worden sind. Wie ist die aktuelle Lage in Kobane?

Die Gefechte zwischen den YPG und der Terrormiliz IS dauern nach wie vor an. Auf jeden Fall kann ich sagen, dass die Ankunft der Peshmerga und vor allem die schweren Waffen, die sie mitgebracht haben, der IS Angst eingejagt haben. Die YPG und die Peshmerga kämpfen jetzt Seite an Seite gegen den IS. Es gibt Gerüchte über die Befreiung der Dörfer, die vor allem der Deckung der YPG gedient haben sollen. Momentan haben YPG-Kämpfer im Süden der Stadt die Kontrolle inne. Gleichzeitig gibt es im Osten der Stadt heftige Gefechte. Der IS greift dort mit schweren Waffen, unter anderem auch mit Mörsergranaten, an. Dabei zielt er auf Krankenhäuser sowie den Grenzübergang Mürshitpinar. Im Allgemeinen kann man sagen, dass sich nicht sehr viel geändert hat, aber die YPG hat die Führung. Und deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass sich in den kommenden Tagen viel ändern wird.

Sie sagten, dass der IS mit Mörsergranaten angreift. Wurden diese nicht von der Koalition als auch von den YPG zerstört?

Die Unterstützung der Anti-IS Koalition dauert noch an, jedoch gibt es im Osten der Stadt noch einige Minenwerfer. Diese lassen sich leider gut verstecken. Nichtsdestotrotz hat die Koalition mit den YPG zusammen sehr viele Fahrzeuge der IS zerstören können.

Sie haben von einem strategischen Wandel gesprochen. Können Sie dies näher erläutern?

Wir verfolgen die Ereignisse und können entsprechend Aussagen zur Entwicklung machen. Was uns auffällt, ist, dass der IS seit der Ankunft der Peshmerga hauptsächlich in der Nacht angreift. Am Tag hat er fast keine Möglichkeit unsere Einheiten anzugreifen. Die schweren Waffen, die die Peshmerga mitgebracht haben, schrecken den uns technisch überlegenen IS zurück. Was die Motivation und die Taktik angeht, war und ist die YPG besser als der IS. Diese Faktoren beeinflussen die Angriffe der IS und deswegen erwarten wir einen strategischen Wandel.

Erhält der IS immer noch Unterstützung?

Ja, die Terroristen bekommen nach wie vor Unterstützung. Gemäß unseren neuen Kenntnissen sollen mit Mörsern beladene Fahrzeuge in Richtung Kobane unterwegs sein. Zudem sollen die IS- Terroristen in einem belagerten Dorf nahe der türkischen Grenze die Fahrzeuge der Dorfbewohner beschlagnahmt haben. Auch sollen sie einige Fahrzeuge zerstört haben. Des Weiteren erhält der IS aus ar-Raqqa, Dscharabulus und Tall Abyad (kurdisch Girê Sipî) Verstärkung.

Es wurde auch berichtet, dass etwa 50 Kämpfer der FSA mit den YPG zusammen kämpfen wollten und sich jedoch wieder zurückgezogen haben. Stimmt das?

Ja, es gab solche Gerüchte. Die Ankunft der Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA) war ein Wunsch der Türkei. Diese dachte, dass die FSA-Kämpfer in Kobane nicht willkommen geheißen werden und die Peshmerga von ihrem Kampf abhalten könnten. Aber die YPG hat hier eine vernünftige Entscheidung getroffen und die Kämpfer der FSA aufgenommen. An welcher Front diese jedoch kämpfen, kann ich Ihnen nicht sagen. Im fortwährenden Krieg während drei Jahren haben sowohl das Syrische Regime als auch der IS sowie die Syrische Nationalkoalition dieselbe Haltung gegenüber den Kurden eingenommen. Das bestätigt wiederum, dass das Verhalten der Nationalkoalition schlechter ist als das des syrischen Regimes, denn die Nationalkoalition wird von der Türkei kontrolliert. Folglich haben die Aussagen von Rifad Esed uns nicht überrascht. Immer noch denken sie, die Kurden sind hier in Rojava nur Gäste.

Denken Sie auch, dass die Beziehungen zwischen den YPG und den USA einige Gegner stören?

Die Beziehungen der YPG mit den USA als auch die Gespräche zwischen der PYD (Partei der Demokratischen Einheit) und denUSA werden sehr sorgfältig verfolgt und kommen bei unseren Feinden nicht gut an. Der immer in der Finsternis gelassene kleine Bruder – Kurde – ist jetzt stark und findet in Europa als auch in den USA Gehör. Weder die Türkei noch die Syrische Opposition begrüßt das. Sie haben selber mitbekommen, wie Herr Erdogan die Tatsache, dass er ein Präsident ist, vergisst und bei jeder Gelegenheit die YPG und PYD angreift.

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Übersetzt aus dem Kurdischen ins Deutsche von Fatos Koyuncuer